Dettmar Cramer gilt bis heute als einer der bedeutendsten deutschen Trainer. Der nur 1,61m große Cramer holte u. a. zweimal mit dem FC Bayern den Europapokal der Landesmeister, war Assistent von Helmut Schön bei der WM 1966, trainierte die Nationalmannschaften der USA, von Ägypten, Japan, Malaysia und Thailand, außerdem trainierte er Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt. Und Hertha BSC. Für exakt einen einzigen Tag.
In der Sommerpause 1974 konnte sich Hertha BSC mit dem sehr bekannten und begehrten Trainer auf ein Engagement einigen und am wollte ihn am 9. Juli auf einer Pressekonferenz vorstellen. An diesem Tag leitete Cramer genau einmal das Training bei der Hertha – und trat am gleichen Abend wieder zurück. Die Verwirrung war groß. Was war passiert?
Natürlich gab es sofort Gerüchte. Am plausibelsten erschien, dass Hertha doch nicht die in den Verhandlungen versprochenen Verstärkungen liefern könne. Unrealistisch war das nicht, denn die Hertha hatte zu diesem Zeitpunkt nur 13 bundesligareife Spieler unter Vertrag. Doch die Wahrheit war eine andere.
Nachdem Cramer die Verhandlungen bereits mit Wofgang Holst geführt hatte und dieser auch auf die Vorstellungs-Pressekonferenz leiten wollte, beschäftigte sich Cramer (etwas spät, wie man im Nachhinein sagen muss) mit dessen Rolle im Bundesliga-Skandal 1971. Holst aufgrund seiner Beteiligung noch bis 1978 gesperrt und zog die Fäden bei Hertha zu jener Zeit nur inoffiziell im Huntergrund.
Dies alles wurde Cramer wohl erst am Tage von seiner Verpflichtung und Vorstellung bewusst, er lehnte eine Zusamenarbeit mit Wolfgang Holst ab. Die Folge: sein sofortiger Rücktritt „aus zwingenden persönlichen Gründen“.
Cramer heuerte daraufhin beim US-Verband an, in 2 Spielen saß er auf der Bank der USA – bis schließlich der FC Bayern in der Winterpause 1974/75 anklopfte, um ihn als Nachfolger von Udo Lattek zu verpflichten. Und so kam es, dass er am Ende der Saison, die er eigentlich Hertha BSC coachen sollte, mit dem FC Bayern den Europapokal der Landesmeister gewann…