Eine ganz besondere Rolle in der Geschichte der DDR-Oberliga nimmt die Saison 1961/62 ein. Nachdem seit Gründung der Oberliga 1949 in der DDR die Meisterschaft jeweils in einem Kalenderjahr ausgetragen wurde, erfolgte zu dieser Saison die Umstellung auf den auch heute noch in den meisten Ländern gängigen Rhythmus. Die Folge: die Saison dauerte 15 Monate (von März 61 bis Juni 62) und jede Paarung gab es drei mal.
Um die Chancengleichheit zu wahren, kam man beim DFV auf eine simple, aber auch durchaus kreative Idee: die „zusätzliche“ Begegnung zwischen zwei Mannschaften wurde jeweils auf neutralem Platz ausgetragen. Doch nicht etwa in geographisch sinnvoll gelegenen großen Oberligastadien – sondern größtenteils in wirklich kleinen Stadien (teilweise ist selbst diese Bezeichnung übertrieben) irgendwo in der Provinz! So kam es also dazu, dass beispielsweise Empor Rostock gegen Lok Leipzig in Pritzwalk spielte, Vorwärts Berlin gegen Einheit Dresden in Lauchhammer oder Dynamo Berlin gegen Brieske-Senftenberg in Jüterbog spielte. In JÜTERBOG!
Weitere Städte, in denen in jener Saison Oberligaspiele stattfanden, waren Altenburg, Altruppin, Annaburg, Apolda, Babelsberg, Bernburg, Bitterfeld, Borna, Brandenburg/Havel, Braunsbedra, Burg, Burgstädt, Calbe Cottbus, Demmin, Dessau, Döbeln, Eberswalde, Eisenach, Eisenhüttenstadt, Falkensee, Finsterwalde, Frankfurt/Oder, Gardelegen, Gera, Glauchau, Guben, Güstrow, Haldensleben, Halberstadt, Hettstedt, Hoyerswerda, Köthen, Leuna, Limbach, Löbau, Luckenwalde, Mittweida, Meuselwitz, Meerane, Mittweida, Meißen, Markrankstädt, Neustrelitz, Nordhausen, Oelsnitz, Plauen, Quedlinburg, Rathenow, Riesa, Reichenbach, Reichenbrand, Saalfeld, Salzwedel, Schkopau, Schwerin, Sömmerda, Stralsund, Suhl, Teterow, Torgelow, Ueckermünde, Weida, Weimar, Weißenfels, Wittenberge, Wolfen, Wurzen, Zerbst und Zittau – überwiegend Orte, in denen die DDR Oberliga nie wieder zu Gast sein sollte. Insgesamt wurde in dieser Saison in (soweit mir bekannt ist) 90 verschiedenen Stadien erstklassig gespielt, vermutlich ein Rekord für die Ewigkeit für ein Land mit einer eingleisigen Liga.
Fast logisch erscheint es, dass in dieser Saison, bedingt durch die teils winzigen Stadien, der Zuschauerschnitt einen neuen Negativrekord darstellte: gerade mal 8.088 Zuschauer pro Spiel wurden erst wieder in der letzten Saison 1990/91 unterboten.
Meister in dieser Mammutsaison mit 39 Spielen wurde Vorwärts Berlin, den Weg in die Zweitklassigkeit mussten Einheit Dresden und Lok Stendal antreten. Und international setzte Motor Jena ein erstes Ausrufezeichen: im Europapokal der Pokalsieger war erst im Halbfinale gegen den späteren Sieger Athletico Madrid Endstation.