Die EC-Begegnung zwischen Bayer Uerdingen und Dynamo Dresden im März 1986 war historisch: nach einer 0:2-Niederlage im Hinspiel und einem zwischenzeitlichen 1:3-Rückstand war Bayer eigentlich schon draußen. Was folgte, ging als „Wunder von der Grotenburg“ in die Fußballgeschichte ein.
Bayer zog durch einen 7:3 in die nächste Runde ein und für einige Dresdner änderte sich das Leben schlagartig: die Torwart-Legende Bernd Jakubowski kam nach seinem Schulterbruch nie wieder auf die Beine und beendete seine Karriere. Jens Ramme, der für ihn ins Spiel kam und 6 Tore kassierte (ohne eigentlich allzu viel falsch gemacht zu haben), wurde diesen Makel nie los uns bekam bei Dynamo auch kein Bein mehr auf den Boden. Doch am meisten änderte sich für Frank Lippmann, Torschütze zum 2:1 – denn er setzte sich nach dem Spiel von der Mannschaft ab und blieb im Westen.
Lippmann galt in der DDR somit als Verräter und Staatsfeind. Entgegen der sonstigen Gepflogenheiten wurde nicht nur in der Bundesrepublik (siehe Bild), sondern auch in der DDR ausführlicher darüber berichtet – natürlich wurde Lippmann diffamiert. Und was auch kritisch angemerkt werden kann: er ließ seine Freundin sowie seine nichtmal ein Jahr alte Tochter zurück.
Im Westen schien Lippmann direkt Fuß zu fassen, er erhielt einen Vertrag beim 1. FC Nürnberg. Doch während seiner einjährigen Sperre durch die UEFA passierte es: im Training zog Lippmann sich einen Kreuzbandriss zu, sein Bundesliga-Debüt feierte er dadurch erst spät in der Saison 86/87, insgesamt kam er nur auf 6 Spiele für den Club. In der Folgesaison wechselte er zu Waldhof Mannheim (damals Bundesligist), ehe er seine Karriere in Österreich und der Schweiz fortsetzte.
Währenddessen versuchte Lippmann, seine Freundin und seine Tochter durch Fluchthelfer in den Westen zu holen, gelingen wollte das erst im Sommer 1989, wenige Monate vor dem Mauerfall. Im Jahr darauf heirateten sie, kurze Zeit später gingen sie zurück in ihre Heimat: Dresden. Hier leben die beiden bis heute glücklich zusammen.
Auch wenn ihm die große Bundesliga-Karriere verwehrt blieb: sein privates Glück hat Frank Lippmann gefunden. In Dresden, mit seiner Frau Annett und seiner Tochter Sylvi. Ein Glück, das vollkommen unvorstellbar war, damals, im März 1986…